Einführung

Sammlung

Schnupftabak

Mittel- und südamerikanische Kulturen verwendeten Schnupftabak lange vor dessen Einführung in Europa. Die ersten Berichte des Mönchs Romano Pane handelten von einem seltsamen Ritual der Einheimischen. Im ersten Bericht von 1496 heißt es: „Immer, wenn die Könige ihre Götter um Rat fragen wegen ihrer Kriege, wegen einer Steigerung des Fruchtertrages oder wegen Not, Gesundheit und Krankheit, schnupften sie in ihren Tempeln das Kraut in ihre Nasenlöcher. Das Pulver ist von solcher Kraft, dass es einem völlig den Verstand raubt.“ Im frühen 16. Jahrhundert dokumentierten portugiesische Seeleute Schnupftabakmühlen im heutigen Brasilien und Venezuela.

Um 1561 brachte Jean Nicot, französischer Gesandter am portugiesischen Hof, Tabakblätter und -saat nach Frankreich. Die französische Königin Katharina von Medici war bereits im 16. Jahrhundert eine der ersten und berühmtesten Schnupferinnen, die gepulverte Tabakblätter gegen Kopfschmerzen und Migräne einnahm und dadurch das Schnupfen hoffähig machte. Daher hieß der Schnupftabak lange Zeit das Pulver der Königin, poudre de la reine.

1677 entstand die erste Schnupftabak-Manufaktur der Welt, die königliche Tabakfabrik im spanischen Sevilla. Sie verarbeitete schweren Tabak der damals spanischen Kolonie Kuba und stellte in ihrer besten Zeit um 1840 mit Hilfe von 40 Tabaksmühlen und 1.700 Arbeitern über 1.000 Tonnen Schnupftabak jährlich her. Die wirtschaftliche Bedeutung übertraf andere Kolonialwaren wie Kaffee, Tee oder Rohrzucker um ein Vielfaches.

Nachdem in den deutschen Ländern Schnupftabake lange Zeit nur als Importware in Apotheken erhältlich waren, entstand 1733 die erste Schnupftabakfabrik in Offenbach am Main, die noch heute existierende Firma Bernard. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts setzten sich jedoch zunehmend die Rauchtabake, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts insbesondere die Zigaretten durch. Die meisten Schnupftabakfabriken setzten seit den 1920er Jahren, spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg, auf Zigaretten- und Pfeifentabake, so dass heute nur noch fünf Hersteller in Deutschland mit einer Gesamtleistung von 270 Tonnen jährlich existieren.

In letzter Zeit ist in Teilen Europas, insbesondere durch die immer strenger werdenden gesetzlichen Rauchverbote, eine Verstärkung des Schnupftabakverbrauchs zu beobachten. Auch besteht eine eigentliche Schnupferszene mit Schnupfclubs, Schnupfmeisterschaften, Anbietern von Schnupfmaschinen, Onlineshops und dergleichen.

Schnupftabak-Arten

Bis vor 200 Jahren wurde Schnupftabak nicht als Pulver, sondern in Form von Karotten oder Bändern verkauft. Der Schnupfer musste sie vor dem Genuss erst selber zu Pulver reiben. Im Rokoko des 18. Jahrhunderts setzte sich der Verkauf des stark parfümierten Pulvers von Frankreich ausgehend durch. Die Schnupftabakdosen oder „Tabatieren“ begründeten einen neuen Bereich des Kunstgewerbes und sind heute als Prunkstücke eines jeden Tabakmuseums zu besichtigen. Schnupftabake unterscheiden sich hauptsächlich nach Art der Herstellung, den verwendeten Tabaksorten und der Aromatisierung

Schmalzler oder Brasil

Diese bayerische Spezialität gehört bis heute zu den Klassikern auf dem deutschen Schnupftabakmarkt, der sich hauptsächlich über Süddeutschland, Österreich und die Schweiz erstreckt. Schmalzler wurde ursprünglich aus gesoßten, dunklen Brasiltabaken hergestellt, die zu langen Tabaksträngen, den „Mangotes“, geflochten wurden. Obwohl die fertigen Mangotes überwiegend importiert wurden, existiert bis heute der Beruf des Bandtabakmachers, der importierte oder - seltener - heimische Tabaksorten mit maschineller Unterstützung zu Endlosbändern flicht. Die besondere Eigenart des Schmalzlers und Grund des Namens war früher Butterschmalz, das die „Prise“ weniger staubig machte. Heute wird aus Konservierungsgründen ätherisches Tabaköl verwendet. Schmalzler haben oft einen erdig-würzigen Geschmack nach Tabak, ohne oder mit wenig zusätzlichen Aromen, eine feste bis klebrig-feuchte Konsistenz und sind meist dunkelbraun bis fast schwarz. Der Tabak ist vergleichsweise grob zerrieben.

Snuff

Der heute meistverkaufte Schnupftabak stammt ursprünglich aus England, wobei der weltweit größte Hersteller die niederbayerische Firma Pöschl Tabak ist: Er wird vorwiegend aus hellen Virginia-Tabaken aus den USA und aus Afrika hergestellt, ist oft aromatisiert (z.B. mit Menthol oder Eukalyptus, Blüten-, Frucht- oder Kräuteraromen) und daher in Geschmack und Geruch grundverschieden zum Schmalzler. Snuff wird heute meist nach einer Schnellmethode verarbeitet, es gibt aber noch einzelne Marken, die Snuff jahrelang in Holzfässern reifen lassen. Somit gibt es auch hier große qualitative Unterschiede.

Klassische Schnupftabake

Klassische Schnupftabake schmecken meist intensiv nach Tabak, ohne oder nur mit feinen, parfümartigen Aromatisierungen, die den Tabakgeschmack stützen, aber selten überdecken. Klassische Schnupftabake sind mittelfein bis grob gemahlen; die Konsistenz ist oft feinkörnig und trocken, kann aber bis klebrig-feucht variieren.

Ritual

Das „Schnupfen“ ist mit verschiedensten Ritualen verbunden, z. B. ein Spruch bei jedem Schnupfen oder erneutes Schnupfen, wenn jemand geniest hat.

Schnupfen vom Handrücken

Das Schnupfen vom Handrücken bezeichnet die Aufnahme eines oder zweier kleinerer Häufchen vom Handrücken der Faust. Hierbei sollte darauf geachtet werden, die linke Hand zu benutzen, denn es wird als amateurhaft angesehen, den rechten Handrücken zu benutzen. Ebenfalls zu beachten ist, dass die Schnupfer den kleinen Finger und den Daumen von der Faust wegspreizen, damit die Oberhandfläche gerade ist. Nun hält man sich die Hand unter die Nase und schnupft das Pulver ein. Auch hier gibt es einige Fauxpas, die man möglichst vermeiden sollte: Ein zu heftiges Einziehen kann einerseits zu einem heftigen Niesreflex führen. Bei besonders feinem Schnupftabak kann es außerdem vorkommen, dass dieser direkt in den Rachen gelangt und dort ein sehr unangenehmes Brennen verursacht.

Schnupfen von den Fingerspitzen bezeichnet die Aufnahme des Schnupftabaks, der zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten wird, und die direkte Zuführung zum einzelnen Nasenloch. Diese Methode verbindet sich mit dem Gebrauch der heute weitgehend nicht mehr verwendeten Schnupftabakdose. In früheren Zeiten war diese oft aus Silber gefertigte Deckeldose unentbehrlicher Bestandteil eines gesellschaftsfähigen Konsumverhaltens. Dieses Verfahren wird auch als „Englisch“ bezeichnet, da in England vorwiegend auf diese Weise geschnupft wird.

Schnupftabakdosen

Die transportfähige Unterbringung von Schnupftabak erfordert geeignete Behältnisse. Klassische Varianten sind aus verschiedenen, teilweise edlen Materialien und mit aufwändigen Verarbeitungsweisen hergestellt. Abhängig von der Herkunft wurde und wird vor allem Horn, Messing oder Silber verarbeitet. Mit der Sitte des Tabakschnupfens kam im 17. Jh. auch die Verwendung von Schnupftabakdosen auf, die seit der napoleonischen Zeit auch als Tabatièren (französisch), Snuff Box (englisch) bezeichnet werden. Snuff Bottle sind orientalische oder asiatische (China) Schnupftabakbehältnisse. Schnupftabakflaschen aus Glas werden in Bayern „Schmalzlerglasl“, „Brasilflaschl“, „Tabakbüchsl“ genannt

Ab 1750 ließ sich der Siegeszug der kunstvollen Tabakdosen aus Gold, Silber Porzellan emailliertes Kupfer, Schildpatt, Elfenbein, Bernstein, Malackut, Lapislaslazuli und Kristall nicht mehr aufhalten. Reizende Koketterien, Schäferszenen und nackte Mädchen waren auf den Tabakdosen genauso begehrt wie Wappen Tiere oder das Portrait seiner Allerliebsten bis hin zu übelster Pornographie.

Die Tabakdose war etwas ganz persönliches. Sie war Bestandteil der Ausstattung und Kleidung. Die Aussage "zeige nur Deine Tabatière und ich sage Dir, wer Du bist" war keinesfalls scherzhaft gemeint. Tabatièren galten als kostbare Geschenke für erwiesene Dienste, als Beweise der Zuneigung oder besonderen Wertschätzung. Napoleon hat seinen Geliebten und seinen Generälen kostbare Tabakdosen geschenkt. Der Unterschied lag in der Art der Musik, die beim öffnen der Dose erklang. So überreichte er nach dem österreichischen Feldzug von 1809 den Generälen vergoldete und emaillierte Schnupftabakdosen mit Tiroler Musik.

Schnupftabak(s)dosen werden heute definiert als Behältnisse zur Aufbewahrung von Schnupftabak.

Tabatieren werden definiert als Behältnisse die nicht nur für Schnupftabak geeignet waren, sondern unter Umständen auch zur Aufbewahrung von Tabak in anderer Form dienen konnten.

Sammeln von Schnupftabakdosen

Wer sich ernsthaft mit einem Sammelgebiet befasst, muss informiert sein. Da reicht häufig auch nicht nur das Wissen über das Sammelgebiet direkt aus, sondern der Sammler muss auch über das kulturelle, geschichtliche, geographische, technische, wissenschaftliche und evt. sogar auch soziologische Umfeld seines Sammelgebietes Bescheid wissen. Sammeln wegen der Ästhetik - also der Schönheit der Sammelobjekte - allein genügt nicht. Nicht alle, aber viele Sammelobjekte sind einfach schön oder zumindest interessant. Zwei wichtige Punkte sind, dass der potentielle Besitzer einerseits von der kunsthandwerklichen Qualitäten oder andererseits von der Verbindung zu einer verklärten Vergangenheit fasziniert wird. Alle Schnupftabakgefäße sind verschieden und doch sind sie ähnlich, die Handhabung prägen das äußere Erscheinungsbild. Die Gründe warum in verschiedenen Orten, in verschiedenen Ländern sehr unterschiedliche Schnupftabakbehälter kultiviert wurden, sind sehr vielseitig. Wo Glas vorhanden war, hat man es, wie in Bayern für diesen Zweck genutzt. In anderen Gegenden hat man notgedrungen zu anderen Materialien, wie Holz, Horn, Zinn, etc. gegriffen, die dann aber auch andere Formen besaßen. Die Tabakdose war etwas ganz persönliches. Sie war Bestandteil der Ausstattung und Kleidung. Die Aussage "zeige nur Deine Tabatière und ich sage Dir, wer Du bist" war keinesfalls nur scherzhaft gemeint.

Die Schnupftabakdose

Joachim Ringelnatz

Es war eine Schnupftabakdose

Die hatte Friedrich der Große

Sich selbst geschnitzt aus Nussbaumholz.

Und darauf war sie natürlich stolz.

Da kam ein Holzwurm gekrochen.

Der hatte Nussbaum gerochen.

Die Dose erzählte ihm lang und breit

Von Friedrich dem Großen und seiner Zeit.

Sie nannte den alten Fritz generös.

Da aber wurde der Holzwurm nervös

Und sagte, indem er zu bohren begann:

“Was geht mich Friedrich der Große an!”

Zeittafel

1492  entdecken Xeres und Torres aus der Mannschaft von Christoph Kolumbus tabakrauchende Eingeborene in Südamerika

1507  erste Abhandlung über die Tabakpflanze in Europa von Martin Waldmüller in der „Cosmographia introductio“

1543  ein Professor der Universität Salamanca schildert die Heilkräfte des Tabaks

1559 – 1560 bewog Katharina von Medici die Mutter des französischen Königs Franz II die Leibärzte, ihren Sohn Tabakpulver gegen häufige Kopfschmerzen schnupfen zu lassen (erst später vollzog sich der Übergang vom Heil- zum Genussmittel)

1560  brachte der französische Gesandte Jean Nicot (Nikotin) die ersten Pflanzen aus Portugal nach Frankreich

1565  erhielt Dr. Adolf Occo, Stadtphysikus in Augsburg, Samen für erste Neuzüchtungen in Deutschland

1625  Karl I von England besteuert den Tabak

1644  erließ Papst Urban VIII am 30. Januar eine Bulle gegen die sich ausbreitende Unsitte des Tabakgebrauchs

„Wir verbieten hiermit aus apostolischer Gewalt bei Strafe der Exkommunikation mit dem Befehl wenn es nötig sein sollte, sogar den weltlichen Arm zu Hilfe zu rufen, allen und jeden beiderlei Geschlechts, sowohl weltlichen als geistlichen, dass sie sich fernerhin nicht mehr unterstehen in den Kirchen Tabak zu schnupfen...“

1678  ältester Hinweis auf Schnupftabakgläser im bayerischen Raum: Rechnungen einer von Kurfürst Ferdinand Maria in München errichteten Glashütte belegen die Herstellung von

4 Stück Tobackhpixl (aus Waißl) zu je 10 Kreuzer

2 Stück Tobackhpixl (aus weißem o. gefärbten Cristal) zu je 6 Kreuzer

4 Stück Tobackhpixl (aus Schartirtem) zu je 24 Kreuzer

1700  wurde der Verkauf von Tabakwaren die bis dahin ein Privileg der Apotheken waren, auch Krämern zugestanden

1715  erfand der Franzose de la Chaumette Dosen aus Leder

bis 1730  Tabatièren, d.h. Dosenformen mit fest schließendem Deckel, lassen sich in ihrer Frühform kaum von Puderdosen unterscheiden, sie waren in der Regel jedoch kürzer d.h. bis 6,5 cm und aus Edelmetall, Halbedelsteinen und Bernstein

bis 1720 Barockdosen

1720 bis 1770 Rokokodosen

nach 1730 treten Porzellandosen auf, führend war hier die Manufaktur Meisen

Tabatièren werden größer und erreichen eine Länge von 8 bis 10 cm (bis 1795)

1733  in Deutschland entstand die erste Schnupftabakfabrik, die heute noch existierende Gebr. Bernard, allerdings nicht in Regensburg, ihrem heutigen Sitz, sondern in Offenbach am Main am 31.01.1733

in England wurden noch 90% des Tabaks geschnupft und nur 10% in der Pfeife geraucht

1740  entwickelte die Pariser Familie Martin Tabtièren aus Papiermaché

Friedrich der Große huldigt dem Schnupftabak

1763  erhielt der Braunschweiger Georg Siegmund Stobwasser die Erlaubnis zur Errichtung einer Lackwarenmanufaktur, einer der Konkurrenten Stobwassers war Herold in Berlin, der sich auf aufgeklebte, lackierte Kupferstiche spezialisierte

1770 bis 1830 Klassizismusdosen

ca. 1790 enstand im belgischen Badeort Spa ein weiteres Zentrum der europäischen Lackwarenindustrie mit Dosen, die meist Hafen- und Landschaftsbilder in farbiger Ölmalerei boten

Im Laufe der Zeit erlangte der Schnupftabak auch in einfacheren Volksschichten weite Verbreitung einhergehend mit neu entwickelten Tabtièren au unedlen Materialien wie z.B. Gusseisen in Eisengießereien in Berlin, in der Lausitz und Schlesien.

Dosen aus Holz und Horn oder auch Bein, insbesondere Steinbockhorn im östereichischen Salzburg und „Sterzinger Gamslederdosen“, d.h. Horndosen, die man im gleichnamigen Südtiroler Ort für den individuellen Gebrauch gravierte, fanden weite Verbreitung.

In der Umgebung von Straßburg spezialisierten sich Kleinbetriebe auf Dosen aus Birkenrinde.

In Süddeutschland und Österreich entstanden Dosen aus Weichholz.

1815 bis 1848 Biedermeierdosen, ab den 1840er Jahren bis 1873 Gründerzeitdosen

1900  Jugendstildosen um die Jahrhundertwende, Historismusdosen in Deutschland und den Verliererstaaten bis Ende des Ersten Weltkrieges, in Bayern gab es allein noch ca. 50 Schnupftabakfabriken

1939  betrug der Schnupftabaksverbrauch in Deutschland noch 1,6 Millionen Kilogramm

1982  wurden in Deutschland noch 350.000 kg inkl. Export in 5 Fabriken hergestellt, davon 4 in Bayern:

Pöschl in Landshut, Gebr. Bernard in Regensburg, Lotzbeck in Ingolstadt (Vertriebsrechte 1993 an die Firma von Eicken Lübeck verkauft) und Sternecker in Straubing

2011  gibt es in Deutschland noch 4 Anbieter von Schnupftabak (s. oben)

Die Jahresproduktion beträgt 150.000 kg (Die letzte derzeit vorliegende statistische Zahl liegt für 2009 vor mit 153.000 kg und mit sinkender Tendenz).

Dosen aus Edelmetall

Lackdosen

Dosen aus Elfenbein und Bein

Dosen aus Holz glatt

Dosen aus Holz bemalt

Dosen aus Holz mit Einlegearbeiten

Dosen aus Holz mit Metallbeschlägen

Dosen aus Holz mit Relief

Dosen aus Emaille / Porzellan

Dosen aus Messing

Dosen aus Horn

Steinbockhorndosen

Muscheldosen

Dosen aus anderen Materialien

Sonderformen von Dosen

Gläser